Verleger fordern Geld von Google für die Verlinkung ihrer Inhalte
Die alten Medien haben versucht,
das Internet nach ihrem Weltbild
zu gestalten.
Tim O’Reilly, Gründer und Chef von O’Reilly Media (USA)
Das passiert in Deutschland und bei uns in der Schweiz gerade.
Die Geschichte des menschlichen Kinowegweisers
Im Jahr 1990 – also noch vor dem Internet-/Google-Zeitalter – hat ein Mann am Hauptbahnhof in einer Grossstadt einen kleinen Stand eingerichtet. Dort gibt er bereitwillig Auskunft, was in den städtischen Grosskinos Kinos läuft. Er erteilt Ratschläge, was in welchen Kinos läuft, welche Kinos bequeme Sitze haben, erzählt ansatzweise die Inhalte der Filme, ohne aber den Schluss des Filmes zu verraten. Die Leute sind begeistert und immer mehr Leute fragen, was man wo sehen könne. Er muss sein Geschäft ausbauen, weil er eine Marktlücke entdeckt hat.
Finanziert wird sein Geschäft davon, dass er von den Leute immer häufiger für die guten Tipps mit einem Trinkgeld bezahlt wird. Als er die Kinobetreiber fragt, ob sie ihm für seine Dienste etwas bezahlen möchten, wird er abgeblitzt. Das selbe geschieht bei der Film produzierenden Industrie. Er verdient sein Geld weiterhin für die Tipps, aber auch für die Werbung, die er nun an seinem Stand anbringen kann, denn er hat so viele Kunden, die diese Werbung sehen, dass er damit nun viel Geld verdient.
Doch eines Tages ist das den Kinobetreibern und der Filmindustrie zu viel. Sie verlangen nun dreisterweise, dass er ihnen Geld zahlt, dafür dass sie diese Inhalte produzieren oder im Kino zeigen.
Was passierte? Der Kinowegweiser hat damit aufgehört, den Leuten den Weg in die grossen Kinos zu zeigen und die grossen Filme näher zu bringen.
- Variante 1: Wenn er ganz aufhört, werden weniger Leute ins Kino gehen, weil sie seinen Service vermissen und und nun neu ganz umständlich die richtigen Filme selber ausfindig machen müssen.
- Variante 2: Er macht nun mit Kleinunternehmern gemeinsame Sache, indem er neu nur noch die Filme von Kleinproduzenten und den ganz kleinen Kinos den Leuten vorstellt.
- Variante 3: Er beginnt, andere Freizeitideen den Leuten näher zu bringen. Statt ins Kino gehen die Leute nun in Restaurants, ins Theater oder zum Sportevent.
Obige Geschichte ist natürlich nicht passiert. Aber sie findet trotzdem gerade statt. Der neue Kinowegweiser sind Suchmaschinen, allen voran Google.
Verleger fordern Gesetz gegen Google
Gemäss einem Interview mit Marc Walder, CEO von Ringier, in der SonntagsZeitung vom 2. Dezember wird eine „Lex Google“ verlangt. Gemäss Walder wird beim «Blick» spätestens im Herbst 2013 eine Bezahlschranke im Internet eingeführt. Inhalte im Netz zu verschenken, sei «ein historischer Geburtsfehler» gewesen, der nun korrigiert werden müsse.
An dieser Stelle möchte ich gleich nochmals das Zitat von Tim O’Reilly wiederholen:
Die alten Medien haben versucht,
das Internet nach ihrem Weltbild
zu gestalten.
Genau das passiert mit der Forderung nach der „Lex Google“.
Was macht denn Google falsch?
Nichts, rein gar nichts. Google teasert Artikel ja nur an und verlinkt diese zur Quelle. Google ist genau in der gleichen Situation, wie der oben beschriebene „menschliche Kinowegweiser“. Google hilft, die vielen Milliarden an Informationen auffindbar zu machen und lenkt den Traffic an die Quelle zurück. Dass Google dabei viel Geld verdient, ist logisch. Es ist wie „damals“ als der Kinowegweiser begonnen hat, seinen Stand mit Werbung zu bekleben. Google hat viel Traffic und verkauft diesen für Werbung.
Den Verlegern ist offenbar die Tatsache ein Dorn im Auge, dass Google Milliarden damit verdient. Das stimmt wohl, aber nicht mit dem Weiterleiten auf die Inhalte der Verlager. Das ist bestimmt ein schöner Betrag, aber ich glaube nicht, dass der Betrag Google weh tun würde, wenn er fehlen würde.
Den folgenden Teaser habe ich aus Google News Schweiz von heute 5.12.12.
Der Link oben führt auf diese Seite hier.
Das ist doch nicht kritsch. Der Link führt direkt zum Artikel und der betreffende Verlag damit Traffic. Ich kann nicht einsehen, was daran falsch oder unethisch sein soll. Denn die Verleger brandmarken das als modernen Diebstahl. Einverstanden, wenn Google die ganze Nachricht herunterladen und verfügbar machen würde, dann würde ich den Ansichten der Verleger zustimmen. Aber ganz sicher nicht, wenn nur darauf verlinkt wird.
Hier sieht man die Verleger am Jahreskongress der Schweizer Medien:
Was sind die Alternativen für Google?
Ähnlich wie bei unserer Geschichte des Kinowegweisers, der nach Alternativen gesucht hat, wird auch Google nach Alternative suchen.
Nehmen wir mal an, die „Lex Google“ wird vom Parlament beschlossen und Google muss nun für die Verlinkung der Inhalte an die Verlage bezahlen.
Variante 1
Google zahlt Beträge an die Verleger.
Prognose: Sehr unwahrscheinlich
Variante 2
Google zahlt nicht und hört damit auf, die Inhalte der Verlage zu verlinken. Die Verlage verlieren damit massiv an Traffic. Der Traffic, der über Suchmaschinen zu Bild, Blick & Co. geführt hat, bricht ein. Die Leute finden andere relevante Inhalte zum Gesuchten. Die Verlage verlieren weiterhin Leser und damit Relevanz.
Prognose: Unwahrscheinlich
Variante 3
Google verlinkt die Inhalte der Verlage nicht mehr und bezieht die Agenturmeldungen direkt und/oder bindet Inhalte von anerkannten Blogger ein, die sich bei Google bewerben können. So können sich Noname-Blogger profilieren und zu bestimmten Spezialthemen recherchieren und berichten. Denn letztlich ist ein Blogger einfach auch ein Journalist, aber einer der frei von einem Verlag ist.
Prognose: Sehr wahrscheinlich
Liebe Leser/innen, mich interessiert eure Meinung
zu diesem Thema und auch welche Varianten ihr dabei seht.
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