Sch… auf die DSGVO
Sch... auf die DSGVO
Liebe Leser/-innen
Vermutlich waren Sie vom Titel meines neusten Blogposts etwas überrascht oder gar verwirrt. Ich oute mich hier als ein Gegner der DSGVO, weil sie meines Erachtens mehr Nachteile als Vorteile bringt.
Das möchte ich im folgenden Artikel darlegen.
Viel Spass beim Lesen.
Mit türkisfarbenen Grüssen
Jörg Eugster
Die DSGVO in Kürze
Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO, engl. General Data Protection Regulation GDPR), die am 25. Mai 2018 in Kraft trat, regelt die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch private Unternehmen und öffentliche Stellen. Die neue Regelung vereinheitlich den Schutz personenbezogener Daten EU-weit, gilt aber auch für die Schweiz, sobald Daten von EU-Bürger/-innen gespeichert werden.
Mühsame Umsetzung der DSGVO
Erinnern Sie sich noch an April und Mai letzten Jahres, also kurz vor der Einführung der DSGVO? Wir bekamen dutzendweise Mails, in denen wir dazu aufgefordert wurden, nochmals die bereits gemachte Bestätigung zu erteilen.
Zudem müssen wir als User laufend die Akzeptanz der Datenschutzbestimmungen (OK-Button) bestätigen. Wie viele Male haben Sie heute bereits einen solchen OK-Button bestätigt und die Datenschutzbestimmungen dazu nicht gelesen?
Haben Sie überhaupt schon einmal eine solche Datenschutzbestimmung in der ganzen Länge gelesen? Falls nicht, dann kann ich Ihnen meine eigene empfehlen: https://eugster.info/datenschutz. Ich kann Ihnen hier versichern, dass ich sie nicht einmal selbst vollständig gelesen habe. Zum Glück gab es einen Datenschutzgenerator, mit dem ich meine Datenschutzbestimmungen erstellen konnte. Sie finden diesen übrigens auf der oben genannten Seite ganz unten.
Für die Umsetzung der DSGVO mussten die Organisationen einen Datenschutzbeauftragten bestimmen. Falls man Kunden im EU-Raum hat, muss man auch einen Kontakt in der EU angeben, was nicht ganz einfach ist. Das war ein neues Betätigungsfeld für findige Anwälte, daraus ein zusätzliches Geschäft zu machen.
Dann musste man mit seinem Provider, seiner Webagentur oder seinen Technologiepartnern einen Vertrag zur Auftragsdatenverarbeitung abschliessen. Auch daran haben ganz bestimmt sehr viele Anwälte sehr viel verdient. Sobald etwas neu ist und die Erfahrung dazu fehlt, sind auch die Honorare viel höher als bei traditionellen Rechtsgeschäften.
Ist das nicht etwas sehr overengineered?
Die Washington Post setzte die DSGVO sehr originell um
Wenn Sie die Website der Washington Post (https://www.washingtonpost.com) aus Europa heraus aufrufen, dann werden Ihnen drei Modelle angeboten.
Wenn Sie die Washington Post weiterhin gratis nutzen möchten, müssen Sie das Tracking Ihrer Daten und Cookies akzeptieren.
Wenn Sie aus dem EU-Raum (Modell «Premium EU Ad-Free») kommen, kostet Sie das Abonnement als Europäer 90 USD pro Jahr, während Nicht-Europäer nur 60 USD bezahlen. Dafür werden Sie nicht getrackt und es wird keine Werbung ausgespielt. Ganz konkret zahlen Sie jetzt einfach mehr, wenn der Verlag mit Werbeausspielungen keinen Ertrag mehr generieren kann.
Macht das alles Sinn?
Die DSGVO wurde für Google, Facebook & Co. entwickelt,
Leidtragende sind aber viele Kleinbetriebe
Das Ziel der DSGVO war bestimmt ein gut gemeintes. Man wollte damit die Datensammelwut der grossen amerikanischen Internetkonzerne regulieren. Gerade in Zeiten der Datenskandale um Facebook und Cambridge Analytica war das auch bestimmt berechtigt, dass man hier genauer hinschauen können muss. So hätte man auch nichts gegen eine Verschärfung der Bestimmungen einzuwenden gehabt, wenn es vorwiegend auch die grossen Datensammler betroffen hätte. Doch die DSGVO betrifft auch den Bäcker, den Partyservice, den Dorfladen, die Autoreparaturwerkstätte etc. Es betrifft alle Betriebe, die personenbezogene Daten in irgendeiner Form sammeln. Doch gerade diese Betriebe gehen eher (Ausnahmen davon ausgenommen) sorgsam damit um.
Die DSGVO schiesst aber weiter übers Ziel hinaus
Gerade diese Klein- und Mittelbetriebe hatten einen unverhältnismässigen Aufwand betreiben müssen, um die geforderten Datenschutzbestimmungen der DSGVO umsetzen zu können. Die grossen Internetkonzerne hatten genug Ressourcen, um diese rechtskonform umzusetzen.
Und so werden dann auch gerade diese Klein- und Mittelbetriebe eher von abmahnwütigen Anwaltskanzleien abgemahnt, wie t3n bereits eine Woche nach in Kraft treten vermeldete: https://t3n.de/news/abmahnungen-dsgvo-faelle-1083742/. Gemäss diesem Artikel ist es auch unklar, ob eine Abmahnung aus wettbewerbsrechtlichen Gründen überhaupt zulässig sei. Hier möchte ich mich aus Mangel an juristischem Know-how nicht weiter darauf eingehen.
Der folgende Punkt liegt mir viel mehr am Herzen.
Die DSGVO als Innovationsverhinderer
Grundsätzlich bin ich nicht gegen den Schutz von personenbezogenen Daten und darum ein erklärter Gegner der DSGVO. Ich bin aus dem folgenden Grund ein vehementer Gegner der DSGVO und da bin ich nicht allein. Immer wenn ich meine Gründe in Vorträgen nenne, sehe ich viele zustimmende Gesichter im Publikum.
Meines Erachtens behindert sich Europa in der Innovation von digitalen Instrumenten und Geschäftsmodellen. Während europäische Unternehmen und Organisationen zuerst einmal prüfen müssen, ob eine innovative, digitale Lösung überhaupt der Regulierung entspricht, werden asiatische und amerikanische sich weniger darum kümmern. Sie werden die Bestimmungen minimal umsetzen, nur soweit als nötig, aber die Innovationen trotzdem im Geiste des Silicon Valleys rasch in einer Betaversion auf den Markt bringen. Dabei werden europäische Unternehmen im Nachteil sein, denn sie werden die sichere Variante wählen und eine Innovation im Zweifelsfalle eher nicht umsetzen, wenn es noch nicht perfekt ist und ein Restrisiko birgt.
Die DSGVO wurde von Politikern und Anwälten entwickelt,
nicht aber von Visionären
Politiker und Anwälte tun das am besten, was sie gelernt haben. Viele Politiker haben ja auch eine juristische Grundausbildung. Darum ist die Lösung eines Problems oftmals ein Gesetz oder eine Regulierung, weil man ja kein Visionär ist. Visionäre sind ja im Gegenzug meist auch keine Politiker, weil sie dann nicht mehr visionär handeln könnten. Es gibt auch Ausnahmen von dieser Regel, sind aber eher dünn gesät. Dabei gäbe es zur DSGVO Alternativen und visionäre Ansätze.
Alternativen zur DSGVO
Estland und die Schweizer Stadt Zug machen es vor, wie es gehen könnte. Beide bieten eine digitale ID auf Basis der Blockchain an. Eine digitale ID auf der technologischen Basis der Blockchain gibt den Usern die Hoheit über deren Daten zurück. Sie als User allein entscheiden, wem Sie Zugriffe auf bestimmte Daten oder Datencluster geben möchten. Die Änderung der Daten macht der User selbst. Wenn Sie z.B. Ihre Wohnadresse ändern, würden Sie das zentral tun und damit allen Websites und Shops zugänglich machen. So müssten Sie das auch nur einmal machen.
Wenn Sie, und nur Sie allein, über Ihre Daten entscheiden, braucht es theoretisch eine DSGVO nicht mehr. Dennoch müsste man sorgfältig prüfen, ob es eine DSGVO in dieser Form überhaupt noch braucht. Ganz bestimmt müsste sie einfacher als heute umsetzbar sein und nur ergänzend zu einer digitalen ID ausgestaltet werden, denn die Blockchaintechnologie und die DSGVO sind in einem wichtigen Punkt nicht ganz kompatibel.
DSGVO gegen Blockchain – wer wird gewinnen?
Gemäss der DSGVO haben Sie als Person das Recht, eine Löschung von Daten zu verlangen. Doch in einer Blockchainanwendung ist es technisch nicht möglich, Daten zu löschen, auch dann, wenn es die DSGVO so vorsieht. Wer wird gewinnen? Die DSGVO oder die Blockchaintechnologie? Könnte die DSGVO sich durchsetzen, würde die Blockchaintechnologie eines ihrer wichtigsten Vorteile beraubt werden, nämlich der hohen Sicherheit. Sobald man Daten löschen kann, verliert man diesen wichtigen Vorteil.
Ich bin sicher, dass die DSGVO sich der Blockchain anpassen muss, denn die Blockchain wird weltweit und nicht nur europaweit eingesetzt werden. Und wenn Europa für sich entscheiden würde, dass man Daten löschen kann, wäre das ein grosser Nachteil für die Innovationskraft Europas, weil die Blockchain uns revolutionäre Entwicklungen und Innovationen bescheren wird.
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