Übermorgen

Eine Zeitreise in unsere digitale Zukunft

Kapitel 6.2

Elemente und Erfolgsfaktoren
einer digitalen Strategie

Für den Erfolg bei der digitalen Transformation müssen wir diverse Ebenen und Schritte beachten:

  • Vision und Mission
  • Strategie
  • Prozesse
  • Struktur
  • Kultur
  • Digitale Mitarbeitende
  • Digitale Geschäftsmodelle
  • USP (Unique Selling Proposition) und UAP (Unique Advertising Proposition)

Die Vision

Wo wollen Sie mit Ihrer Unternehmung in fünf Jahren stehen? Beschreiben Sie das in der Vision. Ein Beispiel einer Vision könnte wie folgt lauten.
Beispiel einer Vision für die digitale Transformation:
«Wir sind 2022 in unserer Branche die Vorzeigeunternehmung
in Bezug auf die Digitalisierung.»

Die Mission

Das Beispiel für die dazu passende Mission wäre wie folgt:

Beispiel einer Mission für die digitale Transformation

«Wir optimieren und digitalisieren konsequent unsere Geschäftsprozesse, um für unsere Kunden den grösstmöglichen Nutzen zu generieren und die Kosten weiter senken zu können. Zudem möchten wir gegenüber unseren Mitbewerbern eine klare Abgrenzung und in der Wahrnehmung unserer Kunden einen echten Vorteil schaffen.»

Bei der Mission geht es ja darum, was Sie genau missionieren wollen bzw. was Ihr Tun in diesem Prozess ist.

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Die Strategie

Die Strategie für die digitale Transformation ist vom Handwerk her nichts Neues.

Eine Strategie legt fest, welche Wettbewerbsziele erreicht werden sollen. Im Weiteren definiert sie die Ressourcen und die Aktionsprogramme, die für die Zielerreichung notwendig sind.

Die Strategie ist ein Masterplan, der aufzeigt, in welche Richtung mit welchem Ziel wir die Unternehmung entwickeln möchten.

Prozesse

Interne Prozesse und Tools

Hinterfragen Sie gnadenlos Ihre interne Arbeitsweise und Ihre internen Arbeitsmittel. Oft wird in Firmen noch so gearbeitet wie zu jener Zeit, als die E-Mail erfunden wurde. Man mailt an alle mit megaschweren Anhängen und wundert sich, dass man keine Antwort bekommt. Man telefoniert noch mit dem Festnetzapparat, obwohl die Internet-Telefonie mit Skype oder Google Hangout viel mehr Funktionen bietet, als nur Sprache zu übermitteln. Man speichert Dokumente auf Servern in diversen Verzeichnissen ab und wundert sich, wenn man diese dann nach Monaten nicht mehr wiederfindet. Und wenn Kollege X krank geworden ist, hat niemand auf seine Daten auf dem Server oder auf Papier im Schrank Zugriff.

Dabei gibt es ja viele Cloudlösungen, die die internen Prozesse unterstützen. Aber aufgepasst. Ein neues Tool optimiert oft nicht die alten Abläufe, nur weil man ein neues Tool einsetzt.

«A fool with a tool is still a fool.»

Es ist wichtig, dass Sie im Rahmen Ihrer digitalen Transformation neue moderne Lösungen einsetzen, aber gleichzeitig die Mitarbeitenden auf die neuen Abläufe entsprechend schulen.

Seit Jahren arbeite ich mit der Softwarelösung von Google. Früher hiess diese «Google Apps for Work», seit Neustem «G Suite by Google Cloud».

Es geht mir nicht darum, dass ich mich für die Google-Lösung starkmachen möchte, und ich habe derzeit auch keine Aktien von Google. Damit möchte ich Ihnen nur exemplarisch aufzeigen, was der Einsatz von modernen Cloudlösungen im Kopf eines Mitarbeitenden auslösen kann.

Mit der G Suite bekommen Sie derzeit Folgendes für 8 Euro pro User und Monat:

  • E-Mail-Client und -Server für geschäftliche E-Mails mit Gmail
  • Software für Video- und Telefonkonferenzen (Hangout)
  • Intelligente Kalender, die gemeinsam genutzt werden können
  • Dokumente, Tabellen und Präsentationen (Google Docs) in der Cloud, die von mehreren Personen gleichzeitig bearbeitet werden können, ohne diese synchronisieren zu müssen
  • Soziales Netzwerk für die interne Kommunikation (G+)
  • Umfragen und Formulare
  • Sicherheitsfunktionen
  • Unbegrenzter Speicherplatz bei Google Drive
  • Archivierungslösung (Google Vault) für E-Mails, Chats und Dateien

Der Einsatz einer Cloudlösung wie die der G Suite wird die Arbeitsweise stark verändern und verbessern. Sie müssen E-Mails und Daten nicht mehr synchronisieren. Sie haben einfach von all Ihren Endbenutzergeräten Zugriff auf die Daten am gleichen Speicherort. Synchronisieren wird damit überflüssig. Sie können den Zugriff auf eine Datei mit einem Klick ermöglichen, ohne dass Sie diese zum Beispiel über eine Plattform wie Dropbox verfügbar machen müssen. Sie können das Recht auf Bearbeitung von Dateien einer Arbeitsgruppe zur Verfügung stellen. Auch hier entfällt eine Synchronisierung. Sie sehen in Echtzeit, wer gerade am betreffenden Dokument arbeitet.

Alle Ihre Daten sind immer bei Google Drive gespeichert. Bei mir sind die gleichen Daten immer auf drei Rechnern, meinem Desktop im Büro und meinen beiden Notebooks, gespeichert. Hier wird immer der Unterschied (Delta) der Daten gespeichert, sodass ich meine Daten immer auf vier Harddisks gespeichert habe. Drei Harddisks sind auf meinen gerade beschriebenen eigenen Geräten gespeichert und eine in den Rechenzentren von Google. Auch wenn gleichzeitig alle meine drei Computer gestohlen würden, hätte ich immer noch die Daten bei Google selber. Und dass Google auch gleichzeitig gestohlen wird, ist doch eher unwahrscheinlich. Zusätzlich bietet Google eine Archivlösung an. Alle meine Daten werden zusätzlich an einem fünften Ort, dem Archiv abgelegt. Auf diesen Speicher hat nur der Systemadministrator Zugriff. Falls ein Mitarbeiter kündigt und alle seine Mails aus Bosheit oder Verärgerung löschen würde, könnte der Systemadministrator alle E-Mails dieses Mitarbeiters wieder rekonstruieren. Selbst der Administrator kann das Archiv nicht löschen, nur Daten dort abrufen.

Dieses Buch schreibe ich im Dezember 2016 auf Gran Canaria. Sobald ich den «Speichern»-Button drücke, wird unmittelbar der Datenbestand mit demjenigen auf Google Drive synchronisiert. So muss ich mir keine Gedanken über ein Back-up machen. Sobald ich zu Hause meinen Desktoprechner starte, werden auch dort alle veränderten Daten (Delta) synchronisiert. So habe ich auf allen Rechnern immer den gleichen Datenbestand. Einfacher geht es wirklich nicht mehr.

Das erzähle ich Ihnen, weil es mir geeignet erscheint, so den ersten Schritt in der digitalen Transformation zu machen. Dadurch erkennen die Mitarbeiter, dass es neben dem bisherigen E-Mail-Programm (meist Outlook), dem Festnetztelefon, der Datenspeicherung auf dem Fileserver mit Back-up oder dem Mailen von Dokumenten zur Bearbeitung mit ständigem Hin und Her noch eine neue, viel einfachere Welt gibt. Das öffnet den Horizont und ist eben ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Wenn Sie denken, Google sei böse («don’t be evil» ist das Credo von Google), dann sollten Sie jedoch nicht gerade damit anfangen. Denn dann sind Sie vermutlich noch nicht bereit, die digitale Transformation zu starten.

Wussten Sie, dass die G Suite bereits von Millionen von Firmen eingesetzt wird? Es gibt aber auch andere Cloudlösungen, zum Beispiel von Apple oder Microsoft. Wichtig ist, dass Sie in Ihrer Organisation mit einem solchen Schritt ein erstes Zeichen in der digitalen Transformation setzen.

Ich kann das nur bestätigen, denn in einer Firma, wo ich ein Verwaltungsratsmandat habe, wurde genau dieser Schritt gewählt und sehr erfolgreich umgesetzt.

Externe Prozesse und Tools

Nachdem Sie die internen Prozesse optimiert haben, können Sie an die kundenrelevanten Prozesse herangehen. Hinterfragen Sie diese. Lassen Sie keine Aussagen wie «Das haben wir schon immer so gemacht» gelten.

Konzipieren und implementieren Sie Ihre Prozesse von Grund auf neu!

Aber aufgepasst. Es genügt nicht, wenn Sie einen Prozess einfach gleich abbilden wie bisher. Nur ein neues digitales Tool einzusetzen, genügt nicht. Sie müssen ebenso den Kundennutzen hinterfragen und neu abbilden. Am besten, Sie binden dabei Ihre Kunden mit ein und entwickeln neue Tools mit deren Unterstützung. Dann wird aus dem Kunden ein Prosumer, wie man das auf «Neudeutsch» so schön sagt.
Das Schwierige ist ja nicht die Digitalisierung an sich. Das Schwierige ist die Vereinfachung von Strukturen und Prozessen.

«Wenn sie einen Scheissprozess digitalisieren, dann haben sie einen scheiss digitalen Prozess»,

sagte Thorsten Dirks, CEO der Telefónica Deutschland AG, an einer Konferenz (https://blog.telefonica.de/2016/10/ceo-thorsten-dirks-im-sz-interview-ich-habe-heute-kein-festes-buero-mehr).

Oftmals definieren Unternehmen den Prozess so, wie er für sie am einfachsten ist. Mir kommt oftmals die Galle hoch, wenn ich als Kunde irgendwo anrufe und man mir sagt: «So geht das am einfachsten für uns.» Und wo stehe ich da als Kunde? Wenn Sie nicht den Kundennutzen ins Zentrum stellen und den Prozess für Ihre Kunden bauen, werden Sie vielleicht auch schon bald weggeUBERt sein. Blosse Lippenbekenntnisse wie zum Beispiel man stelle den Kunden in den Mittelpunkt, genügen heute nicht mehr.

Amazon zeigt allen vor, wie man Prozesse voll auf den Kunden ausrichtet.

Kürzlich wieder ein Wow-Erlebnis, das Amazon bei mir generiert hat. Ich hatte etwas an die Grenze bestellt. Leider war das bestellte Amazon Echo nicht an der Lieferadresse bzw. wurde zu früh wieder zurückgesandt. Das war ein Missverständnis zwischen dem Logistiker und Amazon. Ich schrieb meinen Frust an Amazon. Die Antwort kam schon nach nur drei Stunden!

Antwort von Amazon auf eine Reklamation

Nach der überaus freundlichen Antwort fragt Amazon ab, ob man damit das Problem lösen konnte.

Weiter unten (gelb markiert) sehen Sie, wie Amazon mit Kundenreklamationen umgeht: «Unser Ziel: das kundenfreundlichste Unternehmen der Welt zu sein. Ihr Feedback hilft uns dabei.» Mein Ärger war natürlich gleich verflogen. Da erinnerte ich mich gerne an meine erste Lektion in Sachen Reklamationen. Ich lernte, dass in Reklamationen Chancen liegen. Genau so macht es Amazon.

Gerade amerikanische Firmen wie Apple, Google oder Amazon sind die Vorbilder beim Kundenservice und setzen die Standards − und nicht europäische Firmen. Gerade in Europa haben wir leider immer noch eine Dienstleistungswüste, wo nicht der bedingungslose Kundennutzen im Vordergrund steht.

Amazon gilt in Bezug auf die Kundenorientierung als Paradebeispiel und Benchmark, das den Einkaufsprozess für die Kunden laufend optimiert.

Im Kapitel «E-Commerce, quo vadis?» hatte ich Ihnen die heutigen Leistungen von Amazon vorgestellt. Es ist einfach unglaublich, wie Amazon den Einkaufsprozess revolutioniert hat. Amazon stellt die User Experience (UX) zu 100 Prozent in den Mittelpunkt. Die Kundenzufriedenheit und alles, was für den Kunden einfach ist, hat hier Vorrang. Der Umsatz folgt ja dann von den zufriedenen Kunden. Amazon erzielte gemäss statista.com im Jahr 2016 einen Umsatz von 136 Milliarden US-Dollar (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/197099/umfrage/nettoumsatz-von-amazoncom-quartalszahlen/). Das entspricht einem Umsatz von 4’312 Dollar pro Sekunde oder mehr als 15,5 Millionen Dollar pro Stunde.

Es führen aber nicht immer nur diese grossen Ideen wie die von Amazon zum Erfolg. Wichtig ist, dass Sie wirklich kundenorientiert denken.

Mit kundenorientiert meine ich kompromisslos 100 Prozent auf den Kunden ausgerichtet

Sie werden bestimmt jetzt nicken, nicht wahr? Aber tun Sie es auch so kompromisslos wie Amazon oder UBER, um nur zwei Vorbilder zu nennen?

Nur ein kleines Beispiel, wie Sie bei Ihren Kunden punkten können. Heute reise ich hier von Gran Canaria nach Hause zurück. Vor einer Woche wollte ich in Erfahrung bringen, wann der Bus mich hier im Hotel abholt. Die Sprechstunde des Reiseveranstalters fällt aber aus. Es gibt auch keine Informationen am Infobrett des Veranstalters. So schreibe ich eine E-Mail ans Servicecenter. Man antwortet mir sehr schnell, ich möge mich doch 48 Stunden vor Abflug nochmals melden, dann wüsste man die Zeit. Ich melde mich zwei Tage vor Abflug und erfahre die Abfahrtszeit. So weit, so gut. Wie hätte das UBER oder Amazon gemacht? Klar, per Mail, SMS oder App, so wie es der Kunde wünscht.

Ich schlage dem Servicecenter vor, einen solchen Service anzubieten. Die Antwort darauf haut mich schier aus meinen türkisen Socken. Es gäbe diesen Service bereits und man bedanke sich für meine Anregung. Wieso teilt mir das niemand mit? Meine Anfrage eine Woche vor Ablauf hätte auch so lauten können, dass man meine E-Mail-Adresse im System erfasst hätte und ich 48 Stunden vor Ablauf automatisch über die Transferzeit informiert würde. Wenn ein solcher Service schon besteht, warum nutzt man ihn nicht und lässt den Kunden in der Holschuld? Hier hätte der Reiseveranstalter gleich in die Bringschuld gehen können. Das ist jetzt wahrlich kein «rocket science», was ich gerade beschrieben habe. Es wäre ja so einfach. Man muss einfach nur tun. TUN!

Struktur

Für eine neue Kultur mit neuen Mitarbeitenden muss auch die Struktur angepasst und modernisiert werden. Schaffen Sie die Strukturen mit flachen Hierarchien und kurzen Entscheidungswegen. Die Schlüsselpersonen sollen direkt an den CEO rapportieren und im Verwaltungs-/Aufsichtsrat regelmässig über die Fortschritte der digitalen Transformation berichten.

Der CEO soll eine Politik der offenen Türe leben, sodass jeder Mitarbeiter direkt beim Chef – unabhängig von der Hierarchie – eine Idee oder einen Gedanken platzieren darf. Das bedingt aber eben auch die entsprechende Kultur dazu.

Sie müssen ja nicht gleich von einer möglicherweise überstrukturierten Unternehmung ins genaue Gegenteil der Holacracy (Holokratie) verfallen, dem System für Selbstorganisation.

Und mit diesen Gedanken zur Struktur möchte ich gleich zu einem sehr wichtigen Punkt, nämlich der richtigen Kultur, überleiten.

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