Übermorgen

Eine Zeitreise in unsere digitale Zukunft

Kapitel 1

Wir schreiben das Jahr 2030 − Unmittelbare Zukunft
oder Science-Fiction?

In diesem Kapitel

Lassen Sie sich bitte mit einer kurzen Geschichte gedanklich ins Jahr 2030 «beamen». Es soll Ihnen helfen, sich in Gedanken «barrierefrei» zu machen, damit Sie die weiteren Kapitel, die dann wieder im Fachbuchstil geschrieben wurden, möglichst offen und widerstandsfrei aufnehmen können.

Wenn Sie noch nicht alle Begriffe verstehen, macht das nichts, denn diese werden in den folgenden Kapiteln ausführlich behandelt.

«Du Opa ...»

«Luca, kommst du endlich, unser SDC wartet schon auf uns!» – «Ja, Opa, ich komme gleich», ruft Luca aus seinem Zimmer. Luca eilt herbei und sie steigen einer nach dem andern in den SDC ein. Der SDC ist ein Self-Driving-Car, also ein selbstfahrendes Auto, das Opa vor wenigen Minuten bestellt hat. Die beiden wollen wieder einmal in die grosse Stadt. Da wir ja heute im Jahr 2030 alles, wirklich alles, online bestellen können, wollen sie mal wieder die vielen Showrooms besuchen. Es ist bald Weihnachten. Dabei möchten sie sich zu Weihnachtsgeschenken inspirieren lassen.

Der SDC nimmt seine Fahrt in Richtung grosser Stadt auf. In der Fahrgastzelle, die auch eine Matrix ist, wird schon ihre Ankunftszeit am Bestimmungsort angezeigt. Die Fahrt dauert genau 43 Minuten bis zum grossen Parkhaus an der Stadtgrenze. Opa ist von der neuen Technologie begeistert: «Es ist schon unglaublich, wie wir früher noch im Fahrplan recherchieren und dann rechtzeitig an der Haltestelle warten mussten. Jetzt bestellen wir einen Transport von A nach B, unabhängig davon, ob es eine Haltestelle oder einen Bahnhof gibt. Das System übernimmt alles von selber.» − «Ja, Opa, aber das ist doch ganz normal.» − «Nein, Luca, das war früher wirklich ganz anders», entgegnet Opa etwas nachdenklich.

«Wie gehts dir eigentlich in der Schule, Luca?» − «Ach, ganz gut. Ich mache gerade gute Fortschritte in Englisch.» − «Musst du denn in der heutigen Zeit noch Sprachen lernen, wo wir heute doch in der Matrix alles simultan übersetzt bekommen?», fragt Opa interessiert. «Ja sicher, Opa, Englisch hat sich ja als Weltsprache durchgesetzt. Die Simultanübersetzung ist schon gut und recht, aber nur dann, wenn du für eine kurze Zeit in ein Land reist. Dann lohnt sich das Lernen einer Fremdsprache nicht, höchstens die üblichen Sätze wie die Begrüssung oder Danke sagen.» − «Erzähl mir doch bitte, wie das in der Schule heute so abläuft.» − «Aber gerne, Opa. Am besten zeige ich dir, wie das in der Matrix abläuft. Geht dir morgen früh?» − «Ja klar.»

Mittlerweile sind die beiden schon ein gutes Stück vorwärtsgekommen. Plötzlich verlangsamt sich der SDC und zeigt auf dem Bildschirm an, dass die Verkehrsdichte massiv zugenommen hat, und er zeigt auch die neue voraussichtliche Ankunftszeit an. «Da haben wohl noch einige andere den gleichen Gedanken gehabt und fahren auch in die Stadt», plaudert Opa und erzählt aus früheren Tagen. «Früher führte das unweigerlich zu stockendem Verkehr oder gar Stau, wenn einige Idioten immer wieder die Spur gewechselt haben, weil sie dachten, es gehe dann schneller. Heute ist es doch eine Wohltat.»

Der Individualverkehr im Jahr 2030

In der Tat ist es im Jahr 2030 genau so. Da alle SDC miteinander über die Cloud verbunden sind, regelt und lenkt das System alle Autos. Man kann auf der Autobahn selber nicht mehr bestimmen, ist aber dafür viel schneller am Bestimmungsort, weil das Transportsystem dank künstlicher Intelligenz, Big Data und Smart Data viel intelligenter handelt als früher die vielen Autofahrer. Keine Drängelei und Raserei mehr − auch kaum Unfälle. Dank dem Internet der Dinge sind alle Gegenstände mit der Cloud verbunden. Und während der Fahrt kann man andere Dinge tun, wie News lesen oder arbeiten.

In die grossen Innenstädte kann man nicht mehr fahren, sondern wird in grosse Parkhäuser an der Stadtgrenze geführt. Der Parkplatz wird für den SDC reserviert, und kein anderer SDC kann diesen Platz für sich beanspruchen.

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Der öffentliche Nahverkehr im Jahr 2030

Der Verkehr in den Innenstädten musste neu geregelt werden, denn wir erstickten im Verkehr und an den Abgasen. Das neue Verkehrskonzept sah vor, dass alle individuellen Verkehrsträger zugunsten der Gesamtheit ihre Aktivität aufgeben mussten. Alle Strassenbahnen, Busse und Taxis mussten diesem übergeordneten Prinzip weichen. Dafür gibt es eine Flotte an selbstfahrenden Elektrotaxis wie die SDC. Der Unterschied ist, dass diese der Allgemeinheit gehören und nicht Einzelpersonen. Die SDC-Taxis haben eine unterschiedliche Anzahl Sitzplätze, die je nach Strecke und Nachfrage eingesetzt werden. Nachts um drei Uhr sind beispielsweise nur noch wenige Vierplätzer im Einsatz, was ja auch Sinn macht. Meistens sind aber Fahrzeuge mit acht bis zwölf Plätzen mit Fahrgästen unterwegs. Sie fahren auf Wunsch von A nach B. Man bestellt sie per Sprachbefehl über die Cloud, wobei gleich auf dem eingesetzten Endbenutzergerät angezeigt wird, wann das SDC-Taxi ankommen wird. Unterwegs zum Bestimmungsort steigen andere Fahrgäste zu oder aus. Die SDC-Taxis werden zudem für Pakettransporte eingesetzt. Sie fahren wegoptimiert beim Paketempfänger vorbei, der vorinformiert wird, wann sein Paket ankommt, damit er es sofort in Empfang nehmen kann.

Im Weiteren gibt es auch selbstfliegende Taxis, die Taxidrohnen. 2017 wurden diese zuerst in Dubai eingesetzt. Doch ist Fliegen auch im Jahr 2030 nicht jedermanns Sache und auch um einiges teurer als die SDC. Der Flugraum musste wegen der steigenden Anzahl an Flugdrohnen neu reguliert werden, denn bald hatte man den Stau nicht nur am Boden, sondern auch im Luftraum.

Für grössere Transporte sind individuelle Transportfahrzeuge zugelassen, müssen aber ebenfalls über die Cloud angemeldet werden. Sie bekommen eine vom Transportsystem übergeordnete Verkehrszeit. Damit lassen sich Stosszeiten vermeiden, da der Gesamtverkehr zentral durch eine Software gesteuert wird. Da diese Transportfahrzeuge auch selbstfahrend sind, braucht es in der grossen Stadt keine Menschen mehr, welche Fahrzeuge lenken.

Nun haben wir in den Innenstädten endlich paradiesische Zustände, denn die selbstfahrenden Elektroautos verpesten unsere Luft nicht mehr, es gibt keine Staus mehr und Unfälle sind äusserst selten geworden. Aus den Parkhäusern, die es nicht mehr brauchte, hat man Einkaufszentren oder Sportstätten gebaut.

Ausserhalb der grossen Stadt verkehren weiterhin SDC. Man muss aber kein eigenes Fahrzeug mehr besitzen. Auf den viel befahrenen Strecken kann man SDC wie in der Stadt bestellen. Einzig auf den Autobahnen werden sie durch das Transportsystem gelenkt.

Ältere Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor – Gott sei Dank gibt es nicht mehr viele davon – sind weiterhin zugelassen, ausser in der Stadt und auf den Autobahnen. So kann man immer noch mit Oldtimern, einfach leicht eingeschränkt, über Pässe oder auf Landstrassen fahren.

Der Transport zwischen den grossen Zentren findet noch wie früher statt. Es gibt noch immer Züge, Busse und Flugzeuge, die die Städte miteinander verbinden. Gerade bei der Überwindung grosser Distanzen würde der Einsatz der SDC wenig Sinn machen.

Nun sind Opa und Luca nur drei Minuten später angekommen. Früher hätten sie wegen eines Staus wohl eine halbe Stunde verloren. Der SDC lenkt automatisch ins grosse Parkhaus an der Stadtgrenze ein und fährt in den reservierten Parkplatz Nummer 631. Gleich auf Platz 630 steht ein alter roter Toyota Corolla. Dieser Oldtimer darf noch manuell gefahren werden, aber nur noch über die Landstrasse. «Schau mal den alten Toyota Corolla, Luca. So einen hatte Oma vor vielen Jahren. Da mussten wir die Autos noch selber steuern. Für mich heute unvorstellbar», sagt Opa.

Abbildung: Wir schreiben das Jahr 2030: Opa und Luca in der Stadt (Bildquelle: Patrick Angst Grafikdesign)

Shopping und einkaufen im Jahr 2030

Sie steigen ins bereitstehende SDC-Taxi ein. Auf der Fahrt in die Innenstadt steigen weitere Fahrgäste zu, die alle auch Weihnachtsgeschenke bestellen wollen. Nachdem sie an der Shoppingmeile in der Innenstadt angekommen sind, gehen sie gleich ins erste Geschäft hinein.

Die Geschäfte sind heute eigentliche Showrooms, wie es Apple mit seinen Applestores schon ums Jahr 2010 vorgemacht hat. Man kann sich von den Auslagen wohl inspirieren lassen, die gewünschte Ware lässt man sich in der Regel jedoch nach Hause liefern.

Selbstverständlich kann man alles ausschliesslich online einkaufen. In der Matrix stehen sämtliche Funktionen zur Verfügung, um ein echtes Einkaufserlebnis wie um die Jahrtausendwende herum zu erleben. Heute kauft man entweder online in der Matrix ein oder geht in die Innenstadt in einen der vielen Showrooms. Das geht natürlich nur beim Shoppen, wo es vor allem um die Inspiration und ums Einkauferlebnis geht.

Möchte man aber den Wocheneinkauf von Lebensmitteln machen, dann wird das von den meisten entweder online oder noch klassisch gemacht. Der Anteil hat sich von offline zu online stark verschoben, sodass es nur eine Frage der Zeit ist, bis letztlich alles online erledigt wird, weil sich Supermärkte kaum noch lohnen. Einzig für neue Produkte gibt es ebenso Showrooms. Diese Inspiration ist auch dank der Matrix noch nicht möglich, denn ein Lebensmittel zu testen und verkosten geht auch im Jahr 2030 noch nicht. Man muss ja Lebensmittel riechen und schmecken können.

Der Onlineeinkauf geht in der Matrix fast ausschliesslich per Sprache vonstatten. Amazon hat es im Jahr 2015 mit seinem Produkt «Amazon Echo» allen vorgemacht, wie E-Commerce in Zukunft aussehen wird. In der Matrix kaufen wir ein und haben ein unglaubliches Shoppingerlebnis.

Luca schaut sich im Geschäft eine der neuen Linsen an, die man − wie früher eine Kontaktlinse − ins Auge setzen kann. Damit hat man Zugang zur Augmented-Reality-Funktionalität. Ein Verkäufer kommt auf die beiden zu und fragt: «Hallo Luca, schön, dich wieder bei uns zu haben. Darf ich dir etwas zu dieser neuen Linse sagen?» − «Ja gerne, Tom. Was genau kann ich damit machen?», fragt Luca. «Luca, diese neue Linse hat eine wesentlich bessere Auflösung als die letzte, die du vorletztes Jahr bei uns gekauft hast.» − «Ich habe kürzlich in der Matrix einen Bericht über eine noch bessere gesehen, Tom», erzählt Luca. Tom: «Warte bitte, ich hole sie gleich für dich.»

«Du Luca, woher kennt dich Tom?», fragt Opa Luca. «Opa, das war ein Roboter. Der hat mich gleich erkannt, weil ich vorletztes Jahr schon hier war und er meine Erlaubnis hat, dass er mich persönlich ansprechen darf.» − «Unglaublich. Das habe ich nicht bemerkt, dass es kein Mensch aus Fleisch und Blut war, sondern ein Roboter. Es ist schon ein Wahnsinn, wie sich die Robotertechnologie in den letzten Jahren entwickelt hat. Früher war es meist Glückssache, ob dich ein kompetenter Verkäufer berät oder nicht», sinniert Opa. − «Vor allem wissen diese Verkaufsroboter einfach alles über die Produkte. Sie kennen alle Vor- und Nachteile und alle Testberichte. Da wird man wirklich gut beraten», wirft Luca ein.

Tom, der Verkaufsroboter, war nach zwei Minuten schon wieder zurück und brachte die neue Linse. Er erklärte Luca alle Vor- und Nachteile, sodass Luca sie gleich kaufte. «Wie schnell möchtest du die Linse bei dir haben?», fragt Tom. «Wenn du sie innert zwei Stunden per Drohne ausgeliefert haben möchtest, dann bekommst du ein Standardmodell in der ungefähren Grösse für dein Auge. Wenn du aber eine ganz genau auf dich abgestimmte Linse möchtest, dann können wir sie bis morgen im 3D-Drucker herstellen und ausliefern lassen. Was möchtest du lieber?» − «Tom, ich möchte lieber auf das auf mich abgestimmte Produkt warten, so wie beim letzten Mal», antwortet Luca. − «Vielen Dank, Luca, der Auftrag wurde soeben erteilt und du bekommst die Ware bis morgen. Ebenso haben wir die Zahlung ausgelöst. Das läuft wie immer über deine Lieblingswährung Bitcoin. Wenn du jetzt laut JA sagst, ist die Transaktion vollzogen und in der Blockchain festgehalten», meint Tom. − «Ja», sagt Luca.

Opa und Luca haben ihre Shoppingtour in der Folge in anderen Showrooms fortgesetzt, bis sie müde waren und wieder nach Hause wollten. Opa bestellte per Sprachanweisung ein SDC-Taxi, das sie wieder an die Stadtgrenze brachte, wo bereits ein SDC für den Heimtransport auf sie wartete.

Auf der Heimfahrt wollte Opa von Luca noch mehr über die Matrix wissen, von der Luca mehrmals gesprochen hatte. «Opa, das zeige ich dir morgen. Heute bin ich zu müde dafür. Einverstanden?», meint Luca. «Alles klar, Luca», entgegnet Opa, «aber gleich morgen früh, nicht wahr?» − «Aber sicher, Opa, komm doch morgen um 9 Uhr mit in die Matrix, damit ich dir meinen Schulweg und meine Schule zeigen kann.» − «Sehr gerne, Luca, dann bis morgen 9 Uhr. Gute Nacht!», brummt Opa vor sich hin. «Auch dir eine gute Nacht und danke, dass du mit mir in die Innenstadt gekommen bist. So häufig haben wir solche Gelegenheiten ja heute nicht mehr wie ihr früher», bemerkt Luca.

Die Matrix (I)

Im Jahr 2030 haben die meisten Leute kein Smartphone mehr. Die Zeit der «Generation HD» ging damit zu Ende. Generation HD heisst «head down». Die Leute mussten sich ständig nach vorne beugen und den Kopf nach unten halten (head down).

Im Jahr 2030 ist das glücklicherweise vorbei. Die Informationen bekommt man an diversen Orten. Entweder sind das speziell eingerichtete Räume oder Geräte. Beide bezeichnen wir als Matrix. Es gibt die Matrix in diversen Ausführungen: Einerseits sind das spezialisierte Räume, andererseits Geräte (Devices), die mit Funkchips und den Technologien Augmented Reality und Virtual Reality ausgestattet sind.

Ein Servicetechniker zum Beispiel trägt während seiner Arbeit einen Helm und sieht im Visier genau, was er als nächsten Arbeitsschritt tun muss. Ebenso bekommt er Informationen über das zu reparierende Teil wie Garantiedauer, Schaltpläne etc. bei Bedarf eingeblendet.

Zu Hause haben wir eine gut ausgebaute Matrix für die Informationssuche, für Shopping, Schule und Weiterbildung, Konferenzen etc. Die Steuerung erfolgt über Sprachbefehle. Maus und Tastatur gibt es kaum mehr, höchstens im Museum.

Die Schule im Jahr 2030

Endlich ist es 9 Uhr und Opa ist schon gespannt wie ein Regenschirm, wie die Schule im Jahr 2030 abläuft. Er kann sich natürlich noch an seine Schulzeit erinnern. Das ist aber schon viele Jahre her.

«Hallo Opa, super, dass du da bist», begrüsst ihn Luca, «jetzt zeige ich dir meinen Schulweg.» Beide gehen in die Matrix hinein. «So, das war mein Schulweg! Sehr kurz, nicht wahr?», meint Luca schmunzelnd. «Ja, in der Tat, sehr, sehr kurz. Mein Schulweg war damals ein Vielfaches länger, aber dafür vermutlich auch interessanter und abwechslungsreicher», entgegnet Opa interessiert. Luca: «Also Opa, jetzt nehme ich gleich an einer Englischlektion teil.»

Luca ruft seinen Englischlehrer: «Hello John, I am back again. Do you mind my grandfather joining us this morning’s lesson?»

Abbildung: Wir schreiben das Jahr 2030: Opa und Luca in der Matrix (Bildquelle: Patrick Angst Grafikdesign)

Die Schule findet an zwei Orten statt. Einerseits wird das Wissen zu Hause wie früher beim «Homeschooling» vermittelt. Andererseits gibt es Projektarbeiten in Gruppen, die von Coaches geleitet werden.

Das Basiswissen wird zu Hause in der Matrix vermittelt. Alles wird vom automatischen Schulsystem «Pestalozzi» gesteuert und gelenkt. So bekommt jede Schülerin und jeder Schüler immer genau das, was er oder sie braucht und verarbeiten kann. «Pestalozzi» kennt die Lernfortschritte und kann Repetitionen verlangen, wenn es erforderlich ist. Das wollte man früher in der Volksschule ebenso erzielen, doch war es sehr aufwendig, in einer Klasse mit über 20 Kindern einen individualisierten Unterricht durchführen zu können. In der Volksschule wurden vermehrt Erziehungsaufgaben von den Eltern auf die Lehrpersonen übertragen, sodass sich diese mehr darum als ums Vermitteln des Stoffes kümmern mussten. So kam früher oftmals die Wissensvermittlung zu kurz.

Dank der Matrix ist alles anders geworden. Eine Bildungspflicht gibt es weiterhin, sie findet aber in individuellen Schritten statt. Die Lehrperson ist virtuell und kann vom Lernenden selber nach seinen Wünschen erstellt werden, sogar je nach Lektion. So ist Lucas Englischlehrer ein Mann mittleren Alters und heisst John, weil es Luca so gewünscht hat. Selbstverständlich ist John Native Speaker mit bestem Oxford-Englisch. Er lernt so am besten. Im Fach Deutsch hat er sich für eine junge Lehrerin mit hochdeutschem Akzent entschieden, damit er ein möglichst gutes Deutsch lernt und keines mit schweizerdeutschem Akzent. Die Lehrpersonen lassen sich so laufend auswechseln, da sie ja nur virtuell sind. Dank künstlicher Intelligenz, Avataren und Hologrammen ist die Schule auf das jeweilige Kind zu einhundert Prozent ausgerichtet. Persönlicher geht es nicht mehr.

Doch Wissen alleine genügt nicht. Damit die Kinder später auch im sozialen Umfeld bestehen können, nehmen sie regelmässig an Projektarbeiten teil. Dort haben sie den Austausch mit anderen Kindern und können sich aktiv in die Projekte einbringen. Sie übernehmen dort Aufgaben, die ihren Fähigkeiten am besten entsprechen. Dort lernen sie auch den Umgang mit anderen Menschen. Die Projektarbeiten werden von speziell ausgebildeten Coaches begleitet. Den klassischen Lehrerberuf gibt es nicht mehr.

Die Matrix (II)

In der Matrix lassen sich alle Lerninhalte auch für Erwachsene vermitteln. Man bucht eine oder mehrere Lektionen, egal welches Thema, und bekommt so Zugang zum Bildungs- bzw. Weiterbildungssystem.

Selbstredend ist, dass sich so auch virtuelle Einkäufe erledigen lassen. Man möchte eine Produktkategorie näher «ansehen» und schon erscheint ein Avatar oder Bot, der einem die Produkte wie im Showroom erklärt. Der einzige Unterschied ist in der Matrix, im virtuellen Raum also, dass man das Produkt nicht wirklich anfassen kann. Die Haptik fehlt (noch). Doch muss man ein Produkt auch nicht immer erst anfassen können, bevor man es kauft. Bei Folgekäufen zum Beispiel oder bei nicht emotionalen Produkten, wie z.B. einem Kugelschreiber, braucht man diese Haptik nicht. Man kennt das Produkt ja schliesslich von früher her. Zumindest kann man Produkte beschnuppern, weil man mittlerweile Gerüche und Düfte in der Matrix aufbereiten kann.

In der Matrix lassen sich auch Konferenzen oder Gespräche abhalten, wie wenn man sich gegenübersitzen würde. Die Qualität ist − heute im Jahr 2030 − viel besser. Kein Vergleich noch zu Gesprächen wie früher zum Beispiel per Skype.

In der Matrix läuft die ganze Kommunikation in der gewünschten Sprache ab. Die Englischlektionen selbstverständlich auf Englisch, das Shopping in der Muttersprache und die Aussagen der Konferenzteilnehmer werden vom System bei Bedarf simultan übersetzt.

«Opa, nun hast du gesehen, wie ich in die Schule gehe. Und gleichzeitig hast du meinen Englischlehrer, den John, kennengelernt. Cool, nicht wahr?», meint Luca stolz. «Ja, Luca, das ist wirklich unglaublich, was wir heute alles abrufen können. Das hätte man sich vor 30 Jahren noch nicht vorstellen können», entgegnet Opa begeistert.

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